Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

 "Tu nur das worum ich dich bitte, wenn du es mit der Freude eines Kindes tust, was Enten füttert." Marshall Rosenberg

„Meine Mutter müsste doch wissen, was ich brauche...“

Eine Mutter und ihre 14-jährige Tochter Maria suchten mich auf wegen Konflikten, die sie nicht lösen konnten. Im Gespräch mit Maria stellte sich heraus, dass sie häufiger Noten hatte, mit denen weder sie noch die Mutter zufrieden war. Wenn sie mit einer solchen Note nach Hause kam, gab es Streit. Die Mutter sagte, sie könnte es doch besser, sie müsse halt mehr lernen, sich mehr anstrengen.

Wir fanden heraus, dass Maria sich in diesen Situationen hilflos und traurig fühlte, dass sie Zugehörigkeit, Einfühlung und Nähe brauchte und gerne einfach in den Arm genommen werden würde. Ich fragte sie, ob sie das ihrer Mutter schon mal gesagt habe. Sie sah mich erstaunt an und sagte: „Das tue ich nicht. Das muss sie doch wissen als meine Mutter, wenn sie mich wirklich liebt“.

Ich fragte sie, ob sie zu Weihnachten einen Wunschzettel schreibe, was sie bejahte. Ich sagte ihr, dass ich vermute, dass ihre Mutter noch viel weniger wissen könne, was sie brauche und dass sie z.B. in den Arm genommen werden wolle, wenn sie mit einer „schlechten Note“ nach Hause komme als bei Weihnachtsgeschenken.

Ich ermutigte sie, das im gemeinsamen Gespräch mit der Mutter zu sagen. Die Mutter war überrascht und auch traurig, dass sie bisher nicht daran gedacht hatte, was ihre Tochter in der Situation brauchen könne.

Sie war in dieser Situation so in ihrem Schmerz, Trauer bzw. Enttäuschung gefangen, weil sie ihr Bedürfnis nach Beteiligung (dazu beizutragen, dass ihre Tochter später mal ein „gutes“ Leben haben kann aufgrund einer „guten“ Ausbildung) nicht erfüllen konnte, dass sie die Trauer und die Bedürfnisse ihrer Tochter nicht sehen konnte.

Für einige Zeit entspannte sich danach die Beziehung zwischen beiden.

„Ich wollte doch nur, dass ihr Zimmer schön aufgeräumt ist.....“

Die 13-jährige Tochter ist auf Klassenfahrt, die Mutter nutzt die Gelegenheit, das Zimmer mal aufzuräumen und freut sich auf die Rückkehr der Tochter, um ihr stolz das aufgeräumte und saubere Zimmer zu präsentieren. Die Tochter reagiert anders als erwartet und ist sehr wütend.

In einem Rollenspiel, in dem die Mutter die Rolle der Tochter übernimmt, stellt sich heraus, dass mit dieser Aktion die Bedürfnisse nach Intimität und Selbständigkeit / Selbstbestimmung nicht erfüllt waren. Am Ende sagte die Mutter, dass sie froh sei, dass ihre Tochter so reagiert habe, sie wolle ja, dass sie selbständig und selbstbewusst sei. Sie konnte ihr dann auch für ihr Bedürfnis nach Intimität und Selbstbestimmung Einfühlung geben.

„Mama, wie sehr liebst du mich?“

Eine Mutter kommt mit ihrer ca. 5-jährigen Tochter zu mir wegen Neurodermitis. Die Neurodermitis wird schlimmer, wenn sie zuckerhaltige Lebensmittel zu sich nimmt, deswegen sind diese aus dem Speiseplan gestrichen. Es ist Sommer und die Tochter wünscht sich so sehr mal ein Eis zu essen.

Außerdem gibt es einen Konflikt zwischen beiden: vor etlicher Zeit begann ein „Spiel“, bei dem die Tochter wiederholt fragt, ob die Mutter sie auch wirklich lieb habe. Die Mutter sagte damals sie habe sie so lieb, dass sie sterben würde, wenn der Tochter etwas zustieße und sie sterben würde. Jetzt ist die Mutter schwanger und die Tochter fragt, ob die Mutter jetzt trotzdem sterben würde, wenn sie sterben würde. Die Mutter fühlt sich zerrissen und hilflos. Sie weiß nicht, was sie antworten kann.

Wir versuchen das Bedürfnis der Tochter heraus zu finden, es handelt sich wohl um Nähe, Vertrauen und Sicherheit. Eingedenk der Regel, dass Bitten in der GfK positiv, konkret und jetzt erfüllbar sein sollen, überlegen wir, was sie der Tochter entgegnen kann, wenn wieder so eine Situation auftaucht. Wir beschließen, dass sie zurück fragt, was sie jetzt tun kann, damit die Tochter weiß, dass sie sie ganz lieb hat. Darauf antwortet die Tochter: „Es ist schon gut“ und lacht. Danach stellte sie die Frage nicht mehr.

Nachdem so viel Vertrauen zwischen Mutter und Tochter gewachsen war, gingen wir an das „Eis-Experiment“. Ich ermutigte die Mutter, ihrer Tochter zu vertrauen. Sie sagte ihr, sie dürfe mal ein Eis haben, so viel wie sie wolle. Nachdem sie zurück gefragt hatte, ob das wirklich so sei, wollte sie eine (1) Kugel Eis.