Gewaltfreie Kommunikation in Krisengebieten

 

„Ich habe gar nicht gewusst, dass im Krieg beide Seiten verlieren“

Gewaltfreie Kommunikation wird auch Frieden stiftend in Krisen- und Konfliktgebieten eingesetzt, meistens im Sinne von Mediation = Vermittlung oder Täter-Opfer-Ausgleich.

Marshall Rosenberg und viele andere Trainer waren und sind in Israel / Palästina, in Ruanda, in Nordirland, Serbien und Kroatien tätig (gewesen), um nur einige der Kriegs- und Konfliktgebiete zu nennen

Ich selbst habe 1997 in einem ehemaligen Kriegsgebiet mit Jugendlichen gearbeitet, nämlich in der Nähe von Vukovar, das im Krieg zwischen Kroatien und Serbien ein wichtiges Kampfgebiet war. Diese zwei Seminare, die ich dort gehalten habe, haben mich sehr bewegt und bereichert und für mich Begeisterung und Beteiligung am Leben erfüllt.

Ein Teil der Jugendlichen waren serbischer Herkunft, die Gegend gehörte während des Krieges eine Zeit lang zu Serbien, wurde danach wieder von Kroatien erobert. Die kroatische Bevölkerung war zum großen Teil nach Ungarn oder Kroatien geflohen. Als ich dort war, stand das Gebiet unter UN-Mandat und sollte in absehbarer Zeit nach Kroatien eingegliedert werden

Die anderen Jugendlichen waren kroatischer Herkunft, sie waren mit ihren Eltern nach Ungarn geflohen und sollten wieder in ihre Heimat zurückkehren. Eine Woche vorher waren sie schon einmal in ihrer alten Schule, dort konnten gerade noch tätliche Auseinandersetzungen verhindert werden.

Beim ersten Treffen war die Atmosphäre zunächst sehr angespannt, wir fanden dann über einige Kennenlern-Übungen heraus, dass alle Jugendlichen das gleiche Essen mochten, die gleichen Musiker gut fanden und und und. Nach einer Zigarettenpause war die Stimmung lockerer, sie lachten auch miteinander und tauschten sich vorsichtig über ihre Erfahrungen aus.

Auf ihren Wunsch hin wurde ein Wochenendseminar ermöglicht, das ich mit dem Thema „Masken und Rollen“ gestaltete. Dabei wurde deutlich, dass Masken und Rollen das Bedürfnis nach Schutz erfüllen, gleichzeitig uns daran hindern (können), unser volles Potenzial zu leben.

In diesem Rahmen war es einer der Jugendlichen möglich, zu ihrer Trauer um den im Krieg umgekommenen Vater zu stehen, nachdem sie erlebt hatte, dass die Jungendlichen der anderen ethnischen Herkunft Menschen und nicht Feinde waren. Sie bekam die Einfühlung von den anderen, die sie brauchte: dass sie einen schweren Verlust erlitten hatte, tiefe Trauer und Schmerz empfand. Es gab keine Rechtfertigungen und Vorwürfe, sondern gemeinsame Trauer.

Am Schluss sagte einer der Teilnehmer: Ich habe gar nicht gewusst, dass im Krieg beide Seiten verlieren.

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